Hier im Rheinland gibt es die, die morgens früh um 7 schon in den Zug nach Köln steigen. Dann gibt es die, die um Punkt 11.11 Uhr im Büro den ersten Sekt schlürfen und die, die es langsam angehen lassen. Zwar prickelt schon die Vorfreude auf Karneval, aber erst einmal wird der Kaffeetisch gedeckt und liebevoll mit Luftschlangen dekoriert. In die Mitte kommt ein großes Tablett mit Berlinern und daneben eine Schale mit Muuzemandeln. Es duftet nach frischem Kaffee, wenn die Frauen um 14 Uhr kommen.
Muuzemandeln gehören im Rheinland zu Fastnacht wie Spekulatius zu Weihnachten. Sie sind süß, in Fett gebacken und mit Puderzucker bestäubt. Ernährungsexperten haben eine Antwort, warum die süßen Bissen gerade in der fünften Jahreszeit so beliebt sind. „Sie bilden eine gute Grundlage für den folgenden Alkohol“, sagt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Gehaltvolle Speisen liegen länger im Magen und sorgen dafür, dass der Alkohol vom Blut etwas langsamer aufgenommen wird. Da ist es gut, wenn sich bereits vier, fünf Muuzemändelchen im Magen befinden, bevor der Sekt auf den Tisch kommt. Gerade das Prickelwasser wirkt durch die Kohlensäure besonders schnell. „Die Kohlensäure durchblutet die Magenschleimhaut recht gut, sodass der Alkohol schnell ins Blut übergehen kann“, erklärt die Ernährungsexpertin.
Die Geschichte gibt eine andere Antwort auf die Frage: Warum gerade zu Karneval? Früher wurden Muuzemandeln in Schmalz ausgebacken, und Schmalz stand für gutes Leben, Wohlstand und opulentes Essen. Und bevor man die 40 Tage vor Ostern fastete, wurde noch mal richtig zugeschlagen, unter anderem mit Schmalzgebackenem. Ansonsten drohte das eingelagerte Schmalz der im Winter geschlachteten Schweine ranzig zu werden.
Den Namen verdanken die Muuzemandeln ihrer Form, die an Mandeln oder Tropfen erinnert. Entweder wird der Teig mit einem Teelöffel geformt oder ausgerollt und ausgestochen, bevor man ihn zischend ins heiße Fett gleiten lässt. Muuzemandeln sollen schön weich sein – ganz im Gegensatz zu Muuzen, die als flache Rauten von fünf bis zehn Zentimetern besonders knusprig sein sollen. Mancherorts sind die Muuzemandeln auch als Nonnefützje bekannt. Für Nicht-Rheinländer sei erklärt, dass eine leichte Blähung als „Fützje“ bezeichnet wird. Wie eng die Verknüpfung von Fastnacht und Muuzemandeln ist, zeigt auch der Name einer alteingesessenen Kölner Karnevalsvereinigung: Die „Muuzemändelcher“ verleihen jedes Jahr die „Goldene Muuz“ an verdiente Karnevalisten. Wen wundert es, dass ein Bäckermeister Gründungsmitglied des Vereins war.
Die zu Beginn erwähnte Frauenrunde ist inzwischen lustig vom Kaffeetisch in die Kneipe gezogen. Und wenn die Muuzemändelchen verdaut sind, bieten sich am Abend noch andere fettreichen Speisen an, um besser mit dem Alkohol klarzukommen: Lasagne, Thunfisch in Öl, Nudelsalat mit Mayonnaise, Omelett oder auch Käsehappen, Oliven und belegte Brötchen mit Leberwurst oder Fleischsalat eignen sich gut. Das beste Mittel gegen Kater ist allerdings ein anderes: Lassen Sie das letzte Kölsch stehen.